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Seelenspiegel Pferd

Tun versus Sein

Wenn die Dinge richtig sind, fühlt es sich wie nichts an, was du aufwendest, damit dein Pferd mit dir arbeitet.

(Tom Dorrance)

Reiten als Tun

Früher bedeutete Reiten für mich immer wieder eine große körperliche Anstrengung. Da wurde an den Zügeln gezogen und festgehalten, Knie an den Sattel gepresst, Beine durchgedrückt, mit den Schenkeln geklopft und vieles mehr. In meiner Erinnerung ist dies ein schrecklicher Zustand von körperlicher wie emotionaler An- und Verspannung, für mich und das Pferd.

Reiten als Sein

Es ist das Bemühen um einen freundlichen und achtsamen Umgang mit mir und meinem Pferd. Es ist eine Art von Nichts wollen, nicht im Sinne von passiv sein, aber eben auch kein aktives Sich anstrengen im Sinne von Tun müssen.

Es gelingt nicht immer, aber immer öfter. Ein endgültiges Ankommen gibt es eben nicht …

Magische Momente beim Zusammenspiel von Pferd und Reiter

In diesem Zustand des Nichtstun bzw. des Nichtswollens ergibt sich mit ein wenig Glück ein müheloses und leichtgängiges Zusammenspiel von Pferd und Reiter. Dieses Eins-sein vielleicht nur für den Bruchteil einer Sekunde zu erfahren, ist, wie ich finde, ein absolut magischer Moment und weckt ganz instinktiv den Wunsch nach mehr!

Die Suche nach einem entspannten Miteinander zwischen Pferd und Reiter

Für mich ist der Umgang mit Pferden ein lebenslanger, intensiver Lernprozess.  

Aufgewachsen in einer westlichen Kultur bemühen sich die meisten von uns, Sicherheit und Halt irgendwo im Außen zu finden. Wir suchen nach dieser Sicherheit einerseits in materiellen Dingen ebenso wie in Beziehungen oder auch ganz banal in Versicherungen, um uns vor den unzähligen Lebensrisiken zu schützen. Wir suchen nach einer Kontrolle, die es in der Form letztendlich nicht gibt.

Diese Bestrebungen machen leider auch vor der Reiterei nicht Halt.

Und so geschieht es, dass viele pferdeliebende Menschen die Sicherheit, nach der sie sich sehnen, im Überangebot der unzähligen Trainingsmethoden suchen. Ihr allzu menschlicher Wunsch ist es, Hilfe und Unterstützung zu bekommen auf ihrem oftmals sehr frustrierenden Weg hin zu einem entspannten und freudvollen Zusammensein mit ihrem Pferd.  

Die Suche nach sich Selbst

Die Lösung für all diese Probleme ist einerseits total simpel und andererseits eine Herausforderung der besonderen Art.

Denn ohne eine Verankerung in der eigenen Person, im eigenen Entwicklungsprozess, erweisen sich auch die besten Reitdisziplinen als verhältnismäßig begrenzt.

Pferde bieten uns die große Chance, ihnen und uns Vertrauen schenken zu lernen, uns ihrer Bewegung und Kraft und damit dem Fluss des Lebens anzuvertrauen. Das ist, was für mich das Wort Hingabe mit Inhalt füllt. Hingabe, die sich widerspiegelt in der Harmonie von Pferd und Reiter - ein wahrhaftes Meisterstück. Und Meister fallen bekanntlich nicht vom Himmel. Gefühlt bin ich schon recht lange in der Meisterschule und vermutlich werde ich es ein Leben lang bleiben, was mit einem Pferd an meiner Seite doch wunderbare Aussichten sind.